Redebeitrag von Defend Kurdistan Bremen zum Prozessauftakt


Liebe Freundinnen und Freunde, Liebe Passant:innen,
wir haben uns heute hier versammelt, weil heute der Prozess von zwei kurdischen Aktivisten am OLG Hamburg startet. Ihnen werden keine konkreten Straftaten vorgeworfen. Sie werden aufgrund ihres politischen Engagements vor’s Gericht gestellt.
Den beiden kurdischen Aktivisten wird vorgeworfen Mitglied der PKK zu sein, die hier in Deutschland als terroristisch eingestuft wird.


Doch dieser Vorwurf steht in einem zunehmend fragwürdigen Verhältnis zur politischen Realität. Denn: Die PKK hat nach mehreren öffentlichen Stellungnahmen führender Vertreterinnen und Vertreter der kurdischen Bewegung ihre Selbstauflösung angekündigt. Diese Entscheidung, die von Teilen der kurdischen Gemeinschaft als historisch betrachtet wird, ist das Ergebnis jahrelanger interner Reflexion, politischer Neuausrichtung und des Wunsches nach einer friedlichen Lösung der kurdischen Frage – auch in der Türkei, in Syrien, im Irak und im Iran.
Trotz alledem hält Deutschland weiter an dem Verbot der PKK fest. Die beiden Aktivisten, die heute hier vor Gericht stehen, sind nicht die einzigen: Allein diese Woche starten 2 weitere Prozesse in Berlin und Stuttgart. Sie werden angeklagt, aufgrund von Tätigkeiten, die für alle anderen Menschen in Deutschland legal sind, wie das Spendensammeln, Versammlungen und das Organisieren von Kulturveranstaltungen. Sie engagierten sich für einen Aufbau von demokratischen Strukturen, für Menschenrechte und politische Teilhabe.
Gerade deshalb stellt sich die Frage: Wie können Menschen, die sich für Demokratie und Frieden einsetzen, in Deutschland kriminalisiert werden – unter Berufung auf das Verbot der PKK, dessen Grundlage längst einer Neubewertung bedarf?
Das PKK-Verbot in Deutschland besteht seit 1993 – nun schon seit über 30 Jahren. In diesen 30 Jahren hat sich die PKK grundlegend geändert. Das PKK-Verbot jedoch nicht! Die PKK setzt sich seit langem verstärkt für eine friedliche Lösung ein. Die PKK erklärte immer wieder einseitige Waffenstillstände und setzt sich seit den 1990ern für Demokratie und Gleichberechtigung ein.
Trotzdem hält Deutschland weiterhin am Verbot fest und geht mit §129b gegen kurdische Aktivistinnen und Aktivisten vor. Dabei ist es wichtig zu betonen: §129b erlaubt die Verfolgung politischer Betätigung auch dann, wenn keine konkreten Straftaten vorliegen – allein die Unterstützung einer als terroristisch eingestuften Organisation reicht aus. Das betrifft vor allem Personen, die Spendengelder sammeln, Veranstaltungen organisieren oder Öffentlichkeitsarbeit leisten. Das führt in der Praxis dazu, dass auch legale politische Arbeit unter Terrorverdacht gestellt wird.
Außerdem folgt die Kriminalisierung kurdischer Aktivisten auch rassistischen Mustern: so sind in den Augen der deutschen Behörden alle Kurd:innen, die politisch Stellung beziehen, mögliche PKK-Unterstützer:innen.
Diese Kriminalisierung umfasst viele Lebensbereiche von kurdischen Menschen, die sich politisch engagieren. Das Verfahren, welches heute hier in Hamburg startet stellt nur die Spitze des Eisbergs dar, welche das Verbot der PKK mit sich zieht.
Somit fordern wir die Freilassung der kurdischen Aktivisten die heute hier in Hamburg vor Gericht stehen müssen. Menschen, die kriminalisiert werden, aufgrund dessen, dass sie sich für die Lösung der kurdischen Frage einsetzen. Ihnen wird vorgeworfen die PKK zu unterstützen, deren Neubewertung längst überfällig ist. Somit fordern wir nicht nur deren Freilassung, sondern ebenso eine Neubewertung der PKK.
Wer sich für Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie einsetzt, darf nicht kriminalisiert werden.